Nach über einem Jahr der terminlichen Vorbereitung und Verschiebungen fand endlich ein Online-Termin zwischen uns, dem Netzbetreiber 50Hertz und TenneT statt. 50Hertz zeigte sich von Anfang an sehr aufgeschlossen, dessen Know-how zu einem völlig neuen natur- und landschaftsbildschonenderen Mastdesign mit den Fachkollegen von TenneT zu teilen.
Für nähere Details zur compactLine verweisen wir auf die Ausführungen und weiterführenden Links auf unserer Webseite.
Zunächst stellten die Vertreter von 50Hertz die anfänglichen Rahmenbedingungen, Anlass und Parameter des im Jahre 2018 live gegangene Pilotprojektes vor. Dabei betonten sie neben anderen Vorteile die deutlich reduzierte Höhe der Tragmasten als auch die erheblich schmälere Trassenbreite, was vor allem Waldschneisen durch reduzierterem Waldeinschlag zugute kommt. "Man sei in dem Projekt auf Nummer sicher gegangen.", erklärten die 50Hertz-Ingenieure und wollten damit darauf hindeuten, dass die Fundamente insbesondere der am Anfang und Ende dieser Leitung positionierten Portalmasten größer ausgefallen sind, als statisch erforderlich, hier bestünde noch Optimierungspotential nach unten.
Die Techniker von 50Hertz quittierten mehrere anfänglichen Kommentare der TenneT-Kollegen mit „Stirnrunzeln“, bezogen sich die genannten Dagegen-Argumente des TenneT-Bürgerreferenten für den Abschnitt A der Juraleitung, Herrn Ino Kohlmann (TenneT-Bürgerreferent Abschnitt A) zunächst auf eine zur compactLine nicht-kompatiblen Vergleichsbasis aus dem Jahr 2017. In dieser nahmen alle vier Übertragungsnetzbetreiber gemeinsam Stellung zu den bis dato üblichen Standard-Vollwandmasten. Diese Stellungnahme ist (leider) auch in das Raumordnungsverfahren zur Juraleitung seitens TenneT gegen die compactLine verwendet worden, obgleich diese von ihrer konstruktiven Natur zu wenig mit den genannten (und vermutlich auch berechtigten) Vorbehalten gegen Standard-Vollwandmaste gemein hat. Letzteres ließen wir uns in einem Folgetelefonat mit 50Hertz nochmal explizit bestätigen.
Der technische Kollege auf Seiten TenneTs trug bei dem Gesprächsaustausch mit 50Hertz sichtlich zu einer sachlichen und differenzierenden Diskussion bei, was wir sehr begrüßten. Uns geht es ja auch nicht darum "irgendetwas Neues", nur weil es "neu" ist, in das Gespräch zu bringen, sondern möglichst gemeinsam herauszuarbeiten, ob eine bereits existierende Lösung auch in Bayern tatsächlich ihre vermeintlichen Vorteile zumindest abschnittsweise zugunsten Walderhalt und Landschaftsbild ausspielen kann. Warum sollte man es aus Prinzip schlechter machen, wenn es auch besser ginge? Ob es am Ende wirklich besser ist, muss eben noch umfassend herausgearbeitet werden - mehrere Anzeichen hierfür gibt es auf jeden Fall. Die Bereitschaft hierzu sollte auch die maßgebliche Politik von einem Netzbetreiber erwarten, der quasi als Monopolist in Bayern für Übertragungsnetze zuständig ist.
In unserem nachgelagerten Dankschreiben für die Gesprächsbereitschaft wiesen wir nochmal auf die "hinkende Vergleichsbasis aus dem Jahre 2017" hin und teilten mit, dass wir die Inhalte dieses Gesprächs und die aktuelle Haltung TenneTs gegenüber der compactLine bei unserem nächsten Termin dem Bundeswirtschaftsministerium adressieren und vertiefend erörtern werden. In unserem letzten Termin mit der Bundesbehörde äußerte sich das Bundeswirtschaftsministerium über alternative Leitungstechnologien überraschend gesprächsbereit und ist grundsätzlich an jeder Frei- und Erdleitungtechnologie interessiert, die den lokalen "Raumwiderstand" im Stromnetzausbau zu reduzieren verstünde. Die Bereitschaft schlösse die compactLine explizit mit ein, von der sie bereits gehört hätten.
Wir begrüßen grundsätzlich, die von TenneT so oft bemühte „Innovationsoffenheit“; diese muss sich letztlich aber auch konkret in „Innovationskraft“ am konkreten Objekt niederschlagen. Einfach mal "Fortschritt wagen" - so die Formel der neuen Bundesregierung, die an der Juraleitung sofort ihren Lackmustest bestehen könnte.
Grundsätzlich ist die compactLine auch für hügeliges Gelände einsetzbar, die statischen Erfordernissen müssen nur konkret an den Geländeverlauf angepasst werden. Potenzial es „einfacher“ als bei der Pilotstrecke zu machen, sei auf jeden Fall vorhanden, so die Techniker von 50Hertz.
Dessen Techniker bestätigten zudem, dass grundsätzlich auch die Mitnahme einer 110 kv-Leitung umsetzbar sei, was für bestimmte Abschnitten der Juraleitung, vor allem im Abschnitt B interessant sei (z.B. im Bereich Mühlhausen).
Wir bitten 50Hertz zur Online-Freigabe der Präsentation zur compactLine, die naturschutzrelevant deutlich schmälere Trassenbreiten und ein landschaftsbildförderlich niedriges Mastdesign ermöglicht.
Was bislang fehlt, ist eine belastbare und vergleichende Gesamtschau über alle technischen Parameter zwischen dem von TenneT bislang präferierten "Donaumast" und compactLine. Einzelne Vergleichsparameter können zwar den im Netz verfügbaren Informationen entnommen werden, ersetzt jedoch kein umfassendes Kompendium, das man für eine fortgesetzte Debatte benötigen würde. Wir werden versuchen, ein solches Kompendium von 50Hertz zu erhalten.